Systemische Fehlhaltung?

Was ist systemische Fehlhaltung? Eine große Wortkombination. Haltung ist nicht nur ein Begriff für einen Körper. Es gibt auch eine geistige Haltung. Und systemisch ist sowieso ein überordnender Begriff. Das System. Das kann wieder der Körper sein oder die Gesellschaft oder soziale Gefüge oder oder oder. Ich meine ursprünglich damit die körperliche Fehlhaltung, die sich in unserer Gesellschaft etabliert hat und vielleicht in andere Bereiche wie Kultur und Kommunikation wie ein Pilz/Mycel hineingewachsen ist.

Vor einigen Jahren hat sich der Mensch (lt Evolutionstheorie) von einem Vierfüßer (oder Vierarmer) zu einem 2-Beiner entwickelt. Vom Affen zum Menschen.
Die Wissenschaft teilt die Tierwelt (incl Menschen) in „Sohlengänger“ (Bären und Primaten inkl Menschen), „Zehengänger“ (zB Hunde, Katzen, Vögel) und „(Zehen)Spitzengänger“ (Wiederkäuer, Huftiere, zB Pferde, etc). Von anderer Seite wird von „Fersengang“= Sohlengang und „Ballengang“=Zehengang gesprochen.

Primaten (nimmt man an) haben sich aus Tieren entwickelt, die auf Bäumen lebten. Im Gegensatz zu den Tieren, die auf dem Boden leben ist der Bewegungsablauf für ein Fortbewegen oder gar Flüchten oder Jagen ein ganz anderer. Affen können bzw. müssen in Bäumen die Äste mit ganzer „Sohle“ greifen, umklammern. Das ist am Boden nicht möglich bzw zur Fortbewegung nicht sinnvoll. Nun leben wir Menschen aber seit einigen Jahren ausschliesslich am Boden.
Wäre es da nicht sinnvoll sich einen Gang anzugewöhnen, der den Gegebenheiten entspricht?

Doch zuerst Sohlengang:
haben sie schon mal versucht in sich reinzuhören, wenn Sie „normal“ (also mit Fersengang) barfüßig in ihrer Wohnung gehen? Jeder Schritt ist eine Erschütterung des gesamten Körpers (und des Hauses)! Das hört man. Und unsere Gelenke müssen jeden dieser Stöße zeitlebens abfedern. Affen auf Bäume müssen nichts/viel weniger abfedern. Das machen schon/auch die Äste.
Wäre es da nicht sinnvoll eine andere Federung zu nutzen?

Interessanterweise treten wir Menschen, wenn wir einen Schritt zur Seite machen, oder nach hinten, mit unserem Ballen auf. Auch, wenn wir uns vorsichtig bewegen, weil uns der Untergrund nicht ganz geheuer ist oder wir wirklich leise sein wollen, dann treten wir zuerst mit dem Ballen auf. Wir springen mit dem Ballen. Erwiesenermaßen ist es gesünder zu Laufen, wenn man über den Ballen läuft, weil die Gelenke (va. Knie) geschont werden.

Kann man die Erfahrung ganzer Gattungen von auf dem Boden lebender Tieren einfach ignorieren? Ein (Zehen)Spitzengang konnte und kann ich mir für mich nicht vorstellen, aber der Zehengang alias Ballengang klang für mich absolut sinnvoll! Also hab ich es ausprobiert.

Natürlich war so ein Ballenlauf für meine Muskeln ungewohnt und ein Muskelkater war bei mir nach nur 10 Minuten Lauf unvermeidlich!  Aber das Laufgefühl war viel besser, viel leichter (Unbedingt mit den richtigen Schuhen! Meine Empfehlung: FiveFingers von Vibram)!
Wenn ich so manchem Läufer zusehe, wie sie sich ab>kämpfen< um voranzukommen und dann bewegen sie oft nur die Beine. Der restliche Körper und vor allem die Wirbelsäule bleibt starr. Das kann es doch nicht sein!

Nachdem ich den Ballengang auch im Alltag beim Gehen (versuche) umzusetzen, bemerke ich eine Änderung meiner Haltung. Ich bin aufrechter. Gleichzeitig sind mehr kleine Muskelbewegungen (in der Wirbelsäule) notwendig das Gleichgewicht zu halten. Das ist SEHR gesund! Und dich fühle mich viel beweglicher ohne an Kraft eingebüßt zu haben! Aber ich kann sagen, dass eine vollkommene Umstellung länger dauert! Immer wieder falle ich in den alten Trott hinein. Aber das wird schon … 🙂

Interessant fand ich auch, dass es bei der Fußreflexzonenmassage (die ja auch der Akupunktur beruht) die Ferse für die Füße bis zum Beckenraum steht. Beim Fersenlauf wird also doppelt die Ferse stimuliert: einmal „reflexorisch“ und einmal als direkter körperlicher Stoß. Beim Ballenlauf wird die Ferse zwar physisch stimuliert, aber reflexorisch in erster Linie der Schulter- und Brustbereich, also Schultern, Lunge, Bronchien und Herz. Genau das, was man zum Laufen braucht. Die Schultern zum Gleichgewicht halten und Lunge und Herz ist eh klar.

Ich bemerke bei mir selbst, dass das Atmen anders wird. Beim Fersengang hatte ich immer einen Überhang nach vorne. Die Schultern eher hängend, weil es ständig Kraft kostete die Haltung zu bewahren. Am Ende ist die ständig wirkende Schwerkraft halt doch überlegen. Steter Tropfen und so. Jedenfalls bemerke ich, dass durch den Ballengang meine Schultern und auch meine Wirbelsäule leichter die Position finden können, in der sie sich wohlfühlen. Dadurch, dass mein Körper immer das Gleichgewicht suchen muss, ist er fitter und kann leichter die Lage finden, die die gesündeste, also die energieschonenste ist. Nach 40 Jahren Fehlinformation bzw. Fehlhaltung braucht das etwas, aber …!

Man kann nun erahnen, dass möglicherweise der permantente Fersengang eine Fehlhaltung verursacht hat, die den ganze System Körper unnötig beansprucht hat und durch Unwissenheit und dem Bemühen zu Helfen zu (fast schon) Misshandlungen des Körpers geführt hat.
Körper und Geist haben aber eine gegnseitige Wechselwirkung. Wenn ich den Körpe misshandle, dann hat das auch eine Wirkung auf den Geist. Misshandlung und Konkurrenz um Energie wird sich auch auf den Geist auswirken. Und so auf das ganze gesellschaftliche System und die Kultur. Das ist zu weit gedacht? Ich denke nicht, denn immerhin „geht“ es uns schon seit SEHR vielen Generationen so!

Aber vielleicht wäre es am besten, wenn der Mensch BEIDES kann und verwendet: Fersengang UND Ballengang! 🙂

Literaturempfehlung: „Einfach Ballengang: Natürliches Gehen“ von Dirk Beckmann. Link amazon

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